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"Bretzenheim im II. Weltkrieg" von Helga Wittkopf. In: 1250 Jahre Bretzenheim, Mainz 2002

"Im zweiten Weltkrieg", Auszug aus dem Festbuch "125 Jahre freiwillige Feuerwehr Mainz-Bretzenheim 

Bretzenheim im II. Weltkrieg

Helga Wittkopf

(Quelle: Dr. Astrid Böhme, Helga Wittkopf und Dr. Erich Zehnder, Verein für Heimatgeschichte Bretzenheim und Zahlbach (Hrsg.), 1250 Jahre Bretzenheim, Mainz 2002, S. 158 bis 160)

Mit dem Überfall Nazideutschlands auf Polen am 1. September 1939 begannen auch für die Bretzenheimer Bevölkerung harte Zeiten. War es zu Beginn des Krieges die Sorge um die Angehörigen, die als Soldaten an den Kriegsschauplätzen kämpften und die Einschränkungen, die die Kriegsführung forderte, so waren es mit zunehmender Dauer des Krieges auch die zahlreichen Luftangriffe der Alliierten, die die Bretzenheimer in Angst und Schrecken versetzten. In der Nacht vom 27. auf den 28. August 1944 registrierte der Bretzenheimer Friseur Hans Draut den 387. Luftalarm seit Beginn seiner Aufzeichnungen im Mai 1940.

Mehrere schwere Bombenangriffe brachten Tod und Zerstörung nach Bretzenheim, allein beim Luftangriff am 19. Oktober 1944 starben hier 42 Menschen. 20 davon in den Kellergewölben der Schankwirtschaft „Zur Krone“ in der Wilhelmsstraße. Eine weitere Bombe zerstörte die Anwesen Hochstraße/Ecke Hinkelsteinerstraße. In einem hier getroffenen Anwesen kamen in einer Großfamilie vier Generationen zu Tode. Zerstörungen durch Bombenabwürfe gab es in der Bahnstraße/Hechtsheimer Straße (heute Albert Stohr Straße). Der Schadensbereich erstreckte sich bis in die Straße am Mühlbach. Große Verwüstungen gab es auch im Gebiet um den Gänsmarkt, die bis in den Dorfgraben (heute Tiefentalerweg) reichten. Die Anwesen Bäckergasse/Wilhelmsstraße und Wilhelmsstraße/Ecke Kapellenstraße (heute Röntgenstraße) wurden dem Erdboden gleichgemacht. Die Regnersche Mühle wurde durch die Zerstörung des Wohnhauses, der Stallungen und der Scheune ebenfalls stark zerstört. Große Schäden entstanden auch bei der Einfriedung und dem Eingang zum alten Pfarrhaus St. Georg unmittelbar am Rathaus.

In der Schulstraße (heute Essenheimer Straße) wurden auf ganzer Länge Anwesen durch Bomben beschädigt oder vernichtet, ebenso in der Hinkelsteiner und Holthausenstraße. Bombenabwürfe gab es auf der Nordseite des Bretzenheimer Friedhofes und in der gesamten Gemarkung.

Am 28. Dezember 1944 fielen auf Bretzenheim 35 Luftminen und ließen hier kaum ein Dach heil. Großer Sachschaden war insbesondere am Gänsmarkt zu verzeichnen. 12 Menschen kamen bei diesem Angriff ums Leben, der nach Einschätzung der Feuerwehr der „wohl schwerste war, den Bretzenheim bisher überstehen musste“. Am nächsten Tag meldete der gleichgeschaltete „Mainzer Anzeiger“ unter der Überschrift „Bombenabwürfe im Stadtgebiet“ verharmlosend: „Feindliche Terrorflugzeuge warfen am Donnerstagabend ohne Erdsicht wahllos Bomben auf die Außenbezirke von Mainz, wodurch Gebäudeschäden verursacht wurden. “ Kein Wort von den vielen Toten und Verletzten, die dieser Angriff gekostet hatte. Tod und Zerstörung passten nicht in das Bild, das die nationalsozialistische Propaganda der Bevölkerung vom Leben an der „Heimatfront“ vorgaukelte. Beim britischen Luftangriff auf die Mainzer Innenstadt am 1. Februar 1945 wurde die Bombenlast, aufgrund der vom Wind abgetriebenen „Christbäume“, über freiem Feld und den südlichen Vororten abgeworfen. In Bretzenheim war besonders der südliche Ortsteil betroffen, aber auch die Wilhelmsstraße. Im Feuerwehrprotokoll zu diesem Tag ist zu lesen: “Am 1. 2. 45 war wieder einmal ein Angriff mit Spreng- und Brandbomben auf Groß-Mainz, von welchem auch Bretzenheim nicht verschont blieb. Eine der vielen Bomben explodierte unglücklicherweise am Eingang eines Bunkers bei Speckert, Wilhelmsstr. Noch während des Angriffs schleppten die Kam. Molter, Dötig, Dang, Lemm die der Erstickung drohenden Bunkerinsassen ins Freie. Der größte Teil wurde gerettet, jedoch gab es 5 Tode und eine Anzahl Verletzte. “

Die Erfassung zum „Deutschen Volkssturm“, dessen Aufstellung Hitler am 25. September 1944 angeordnet hatte, fand in Bretzenheim am 29. Oktober 1944 statt. Alle nicht eingezogenen Männer der Jahrgänge 1884 bis 1928 hatten sich zwischen 9 und 17 Uhr bei der NSDAP-Ortsgruppe in der Zaybachstraße 15 zu melden.

In den letzten Tagen des Krieges - so berichtet Wilhelm Schrohe - wurden bei Artilleriebeschuss in einem Bunker in der Draiser Straße 12 Soldaten getötet. Nach dem vernichtenden Bombenangriff auf Mainz am 27. Februar 1945, der 1200 Menschen das Leben kostete, und bei dem Bretzenheim glücklicherweise verschont wurde, gab es im gesamten Stadtgebiet weder Gas noch Strom, keine Tageszeitung, kein Radio. Wegen des ständigen Fliegeralarms hausten die Menschen in den Tagen und Wochen vor dem Kriegsende fast ununterbrochen in Bunkern und Kellern.

Am 20. März 1945 war die Luft erfüllt von ständigem Geschützdonner und dem Heulen und Brummen der Bomben, die von den Amerikanern auf die rechte Rheinseite abgefeuert wurden. Um die anrückenden Amerikaner am Vordringen zu hindern, wurde in der Essenheimer Straße (Ortseingang) eine Panzersperre errichtet, die Bevölkerung mit Durchhalteparolen zur Verteidigung aufgefordert und noch in dieser aussichtslosen Lage von fanatischen Nazis versucht, eine Verteidigung des Ortes zu organisieren, was nur noch mehr Opfer und Zerstörung für die Einwohner bedeutet hätte. Besonnene Menschen, die die Sinnlosigkeit eines solchen Widerstandes deutlich machten, wurden mit Standgericht und Erschießung bedroht. Nach vorausgegangenem Artilleriebeschuss rückten am Morgen des 21. März 1945 die Amerikaner aus Richtung des Ober-Olmer Waldes kommend, in Bretzenheim ein und für die Bretzenheimer war der Krieg zu Ende. Aber noch immer gab es Widerstand, insbesondere bei den Wohnblocks Draiser Straße/Turnvater-Jahn-Straße. Mehrere Menschen wurden dabei getötet, darunter auch einige Zivilisten, andere verletzt. Zudem wurde Bretzenheim vom rechten Rheinufer aus von deutscher Artillerie beschossen, wodurch es ebenfalls noch zu Opfern unter der Zivilbevölkerung kam.

Wegen des immer noch vorhandenen Widerstandes drohten die Amerikaner damit, sich zurückzuziehen und durch ein Bombardement die Aufgabe zu erzwingen. Dazu kam es zum Glück nicht. Bald entspannte sich die Lage, die Amerikaner blieben zunächst in Bretzenheim und richteten in der Oberpforte eine Kommandantur ein, die bis zur Einsetzung des kommissarischen Ortsvorstehers Josef Rudolf die Bretzenheimer verwaltete.

Was am 30. Januar 1933 mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler als „Tausendjähriges Reich" beginnen sollte, endete nach 12 Jahren in Tod, Elend und Zerstörung. Die schreckliche Bilanz allein in dem zu Kriegsbeginn nur 6490 Einwohner zählenden Stadtteil Bretzenheim:

Mehr als 340 gefallene, vermisste und in der Gefangenschaft verstorbene Soldaten, 29 in Bretzenheim beigesetzte Soldaten, ungefähr 117 Männer, Frauen und Kinder, die hier bei Bombenangriffen ums Leben kamen, 24 jüdische Bretzenheimerinnen und Bretzenheimer, die laut Deportationslisten am 20. März und am 27. September 1942 von Bretzenheim aus in Vernichtungslager deportiert wurden, ungezählt diejenigen, die rechtzeitig durch Emigration ins Ausland ihr Leben retten konnten...

10% der Wohngebäude und 9,6% der Wohnungen waren ganz zerstört, 4,4% der Wohnungen waren schwer, 19,2% mittelschwer und 61,8% leicht beschädigt.

 

Literatur: 

Wilhelm Schrohe in „Bretzenheimer Kurier“ Ausg. 70/1995. 

Helga Wittkopf in „Bretzenheimer Kurier“ Ausg. 70/1995 und in „ 125 Jahre SPD Ortsverein Mz Bretzenheim“ 1999. 

Heiner Stauder in „Das Ende des zweiten Weltkrieges“ VHS Arbeitsgruppe 1995.

Protokoll der „Freiw. Feuerwehr Bretzenheim“ 1940 bis 1945. 

Hans Vonderheit in „Aufstellung der im II. Weltkrieg gefallenen Soldaten ....usw. 

Im Zweiten Weltkrieg

Auszug aus der Festschrift "125 Jahre freiwillige Feuerwehr 
Mainz- Bretzenheim

Nach Ausbruch des Krieges wurde die Mehrzahl der Aktiven zum Arbeitsdienst bzw. zur Wehrmacht eingezogen. Es kam daher zu chronischen personellen Engpässen, die nicht allein durch die Reaktivierung von Mitgliedernder Altersabteilung und Dienstverpflichtung beseitigt werden konnten. Bereits vor dem Krieg hatten die Verantwortlichen mit diesem Problem gerechnet. Der ,,Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei“,, Heinrich Himmler, und der ,,Reichsjugendführer" Baldur von Schirach hatten sich daher bereits im Juni 1939 über die Verwendung von Hitlerjungen im Brandschutz verständigt. Dementsprechend wurde, wie in anderen Städten auch, in Mainz eine HJ-Feuerwehraufgestellt, in der aber die Bretzenheimer Jugendlichen nicht zu dienen brauchten. Sie konnten direkt der Bretzenheimer Wehr beitreten. Dies hatte Oberbrandmeister Georg Molter durchsetzen können, der nach seiner altersbedingten Entlassung aus der Wehrmacht 1942 das Kommando von Andreas Stenner, dem Nachfolger des eingezogen Willi Hieronimus, übernommen hatte.

Erstmals wurden im Sommer 1942 15- bis 18-jährige in die Wehr aufgenommen: 24 Jugendliche traten an die Seite der ,,alten Mannschaft', die auf 5 Mann zusammengeschrumpft war. Am 11. August 1942 wurden die neuen Kameraden bei der Feuerschutzpolizei Mainz - so hieß damals die Berufsfeuerwehr - eingekleidet. Ihr erster Einsatz ließ nicht lange auf sich warten, denn in den Nächten vom 11./12. bzw. 12./13. August 1942 flog die britische Luftwaffe den bis dahin schwersten Angriff auf Mainz, der gro8e Teile der Innenstadt in ein Flammenmeer bzw. eine Trümmer­ wüste verwandelte. Zum Löschen und Bergen wurden auch die gerade erst verpflichteten Jugendlichen herangezogen, obwohl sie noch keinerlei Ausbildung ab­ solviert hatten! Es grenzt an ein Wunder, dass niemand von ihnen ernsthaft zu Schaden kam. Dagegen wurden drei Hechtsheimer Feuerwehrleuten der Neustadt einer einstürzenden Hauswand erschlagen.

Überhaupt fand während des Zweiten Weltkrieges glücklicherweise keiner der Bretzenheimer Feuerwehrleute bei der Ausübung seines Dienstes den Tod, obwohl er überall lauerte: Die knappe Ausbildung der Neulinge, einsturzgefährdete Mauern und herabfallende Decken machten ebenso wie alliierte Flieger das Löschen zu einer über das übliche Maß hinaus lebensgefährlichen Aufgabe, der sich die Bretzenheimer Wehr bis Kriegsende immer wieder stellen musste. Dabei hatte sie noch mit weiteren kriegsbedingten Schwierigkeiten zu kämpfen. Häufig fiel die Wasserleitung aus, und auf den Straßen liegender Schutt behinderte das Durch­ kommen der Traktor- bzw. pferdebespannten Gummirolle, auf der die l943 in Dienst gestellte Motorspritze TS 8 und die anderen Löschgeräte zu den Einsatzorten transportiert wurden. Diese lagen in der Mainzer Innenstadt, auf der Ingelheimer Aue, in Kastel und in Zahlbach, wo man nach dem schweren Luftangriff vom 27. Februar 1945 über 15 Stunden im Einsatz war. Darüber hinaus mu8te die Wehr auch in Bretzenheim tätig werden, denn es wurde von den alliierten Fliegern nicht verschont. Am 8.September 1944 warfen sie erstmals Brandbomben auf unseren Stadtteil, wo bei den verschiedenen Luftangriffen insgesamt 59 Menschen zu Tode kamen. Zahlreiche Gebäude wurden beschädigt und zerstört. Auch der Artilleriebeschuss, der dem amerikanischen Einmarsch am 21. Marz 1945 vorausging, sorgte für Schaden. In der Wilhelmsstraße geriet eine Scheune in Brand. Dessen Bekämpfung war der letzte von ungefähr 90 Einsätzen, die die Bretzenheimer Feuerwehr seit 1942 hatte leisten müssen. Damit hatte sie der Zweite Weltkrieg vor die größte Bewährungsprobe in ihrer Geschichte gestellt, die sie nur mit Hilfe der jugendlichen Aktiven hatte bestehen können. Ihnen gebührt daher großer Dank und Anerkennung. Skrupellose Machthaber haben sie vorsätzlich für ihre perfiden Ziele missbraucht, was leider heute noch in vielen Krisengebieten der Welt geschieht. Auch dort werden Jugendliche in den Kampf geschickt oder wie in unserem Fall an der „Heimatfront“ eingesetzt. Um zu verhindern, dass unseren Kindern ein ähnliches Schicksal widerfährt, sind wir zu besonderer Wachsamkeit gegenüber extremen und fanatischen Politikern verpflichtet.

©Verein für Heimatgeschichte Bretzenheim und Zahlbach e.V.  Alle Rechte vorbehalten.

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